![]() Gewinnspiel und exklusive Leseprobe Autor: Marc 2.638 Hits |
01. Aug 2005 14:21:50 Uhr |
Eine weibliche Stimme rief seinen Namen - John. Einen Moment später wurde er von Armen gehalten, die nach Seife rochen.
Die Frau sagte etwas Nettes zu ihm, und er wollte etwas Nettes entgegnen, aber die Worte fielen ihm nicht ein. Er versuchte sie zu sehen, den Nebel zu durchdringen, der ihr Gesicht umgab, und erkannte schließlich eine Frau mit großen Augen, einer geraden Nase und vollen Lippen.
Das Bild waberte und verschwamm wie die Reflektion in einem Teich. Einen Augenblick später hatte sich die Frau vor ihm verändert. Jetzt hatte sie dunkle Augen, durchdringende blaue Augen und blasse Haut.
Er kannte ihren Namen: Dr. Halsey.
Dr. Catherine Halsey hatte ihn für das SPARTANER-II-Programm ausgesucht. Die meisten glaubten, dass die zweite Generation der Spartaner aus den Reihen des UNSC-Militärs ausgesucht worden war; nur eine Handvoll Menschen kannte die Wahrheit.
Zu Halseys Plänen gehörte die Entführung von ausgesuchten Kindern. Die Kinder wurden auf die Schnelle geklont - was die Gefahr neurologischer Erkrankungen bei den Duplikaten erhöhte -, und diese Klone wurden den Eltern zurückgegeben, die niemals erfuhren, dass ihre Söhne und Töchter Doppelgänger waren. In gewisser Weise war Dr. Halsey die einzige "Mutter", die er je gekannt hatte.
Aber Dr. Halsey war nicht seine Mutter, ebenso wenig wie das blasse, halb durchsichtige Abbild von Cortana, das sie ersetzt hatte.
Der Traum änderte sich. Eine dunkle nebulöse Form lauerte hinter Mutter/Halsey/Cortana. Er wusste nicht, was es war, nur dass es eine Bedrohung darstellte. Dessen war er sich sicher.
Seine Kampfinstinkte meldeten sich, und Adrenalin flutete durch seinen Körper. Mit einem Blick kontrollierte er das Ge-
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lände. Es war eine Art Spielplatz mit hohen hölzernen Stangen, der ihm vertraut erschien. Dann entschied er sich für eine Vorgehensweise gegen den neuen Feind. Er entdeckte ein Gewehr, ein wuchtiges MA5B in der Nähe. Wenn er sich zwischen die Frauen und die Bedrohung stellte, würde seine Panzerung den Angriff abfangen, und er konnte das Feuer erwidern.
Er bewegte sich schnell, und der dunkle Schatten brüllte ihm seinen wilden und furchteinflößenden Kriegsschrei entgegen. Die Bestie war unglaublich behände. Innerhalb von Sekunden war sie über ihm.
Er griff nach dem Gewehr und drehte sich, um das Feuer zu eröffnen, doch entsetzt bemerkte er, dass er die Waffe nicht heben konnte. Seine Arme waren klein und unterentwickelt. Seine Panzerung war verschwunden, und sein Körper war der eines sechsjährigen Kindes.
Er war machtlos im Angesicht der Bedrohung. Er schrie der Bestie seine Angst und Wut entgegen - Wut nicht nur über den Feind, sondern über seine eigene Hilflosigkeit.
Der Traum begann zu verschwimmen, und ein Licht erschien vor den Augen des Spartaners. Gase wirbelten empor und lösten sich auf. Er hörte eine weit entfernte Stimme. Sie war männlich und klang sachlich.
"Tut mir Leid, dass wir Sie so schnell wecken mussten, Master- Chief, aber die Lage ist hier etwas hektisch. Die Desorientierung sollte rasch vergehen."
Eine zweite Stimme hieß ihn willkommen, und der Spartaner brauchte einen Moment, bis er sich daran erinnerte, wo er sich vor seinem Gang in die Kryoröhre befunden hatte. Da war eine Schlacht gewesen, eine furchtbare Schlacht, in der die meisten, wenn nicht sogar alle seiner Spartaner-Brüder und -Schwestern getötet worden waren. Das waren die Männer und Frauen, mit denen er seit seinem sechsten Jahr aufgewachsen war. Sie waren
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seine wahre Familie, nicht die kaum erkennbare Frau in seinen Träumen.
Mit der Erinnerung und durch leichte Veränderungen im Gasgemisch, das seine Lungen füllte, kehrte seine Stärke zurück. Er bewegte die steifen Glieder. Der Spartaner hörte, wie der Techniker etwas über "Gefrierbrand" sagte, richtete sich auf und verließ die eisige Umarmung der Kryoröhre.
"Großer Gott", flüsterte Sam.
Der Spartaner war riesig, mehr als zwei Meter groß. In seiner perlmuttartigen grünen Rüstung wirkte er wie eine Gestalt aus der Mythologie - fremd und furchteinflößend. Master-Chief SPARTANER-117 trat aus seiner Röhre und betrachtete die Kryokammer. Der verspiegelte Sichtschirm seines Helmes ließ ihn noch furchterregender aussehen. Er war ein gesichtsloser, gefühlloser Soldat, den man geschaffen hatte, um Tod und Zerstörung zu säen.
Sam war froh, dass er sich im Beobachtungsraum aufhielt und nicht mit dem Spartaner in Kryo Zwei.
Ihm fiel ein, dass Thom auf die Diagnosedaten wartete. Er überprüfte die Anzeigen - die Nervenbahnen waren frei, es gab keine Schwankungen im Herzschlag oder der Gehirnaktivität. Er öffnete einen Intercomkanal. "Ich stelle seine Zustandsüberwachung jetzt online."
Sam sah zu, als Thom den Spartaner zu den unterschiedlichen Teststationen brachte und ihm half, wenn es nötig war. Die Ausrüstung des Soldaten konnten sie auf diese Weise in kürzester Zeit reaktivieren. Die Schildsysteme wurden aufgeladen, die Gesundheitskontrolle aktiviert, die Zielerfassung und die optischen Systeme lagen im grünen Bereich.
Der Anzug, der den Codenamen MJOLNIR-Panzerung trug, war einWunderwerk der Technik, das musste sich Sam eingeste-
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hen. Laut der Daten, die er erhalten hatte, bestand dieAußenhülle des Anzugs aus einer vielschichtigen Legierung mit bemerkenswerterWiderstandskraft. Die Oberfläche streute eine ganze Menge punktgerichteter Energie und es gab eine kristalline Speichermatrix, die eine Künstliche Intelligenz aufnehmen konnte, die normalerweise nur Raumschiffen zurVerfügung stand. Unter der Oberfläche befand sich eine Schicht aus einem Gel, das sich der Haut des Trägers anpasste und die Temperatur regulierte. Im Körper des Spartaners hatte man zusätzliche Speicherpakete und Nervenbahnen implantiert, und in seinem Schädel befanden sich zwei von außen zugängliche Eingabeslots. All diese kombinierten Systeme dienten dazu, seine Kraft zu verdoppeln, die ohnehin blitzschnellen Reflexe zu verbessern und ermöglichten ihm außerdem, sich auf einem extrem komplexen modernen Schlachtfeld zurechtzufinden.
Es gab zahlreiche medizinische Systeme in der MJOLNIRAusrüstung. Die meisten Soldaten betraten die Kryoröhre nackt, da bedeckte Haut normalerweise schlecht auf den Kühlungsprozess reagierte. Sam hatte einmal einen Verband getragen, als er in die Kühltruhe stieg. Als er wieder erwachte, hatte sich die betroffene Hautpartie entzündet gehabt und war voller Blasen.
Die Haut des Spartaners musste extrem weh getan haben, das erkannte er jetzt. Trotzdem schwieg der Soldat, nickte, wenn man ihm eine Frage stellte oder folgte ruhig den Aufforderungen, die Thom an ihn richtete. Es war unheimlich - wie ein Roboter bewegte er sich mit mechanischer Effizienz von einem Test zum nächsten.
Cortanas Stimme erklang über die schiffsweite Kommunikationsanlage. "Die Sensoren melden ein Kaperschiff der Allianz auf Kollisionskurs. Machen Sie sich zur Verteidigung gegen Streitkräfte bereit."
Sam spürte, wie die Furcht in seinen Körper stach - und dann
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fühlte er Mitleid für die Allianztruppen, die dem Spartaner im Kampf begegnen würden.
Das neurale Interface, das den Master-Chief mit seiner MJOLNIR- Panzerung verband, funktionierte problemlos und übermittelte sofort Daten an das Display im Helminnern.
Die Bewegung tat dem Master-Chief gut, und er ballte langsam die Hände zu Fäusten. Seine Haut juckte und stach - eine Nebenwirkung der Kryogase, aber er verbannte den Schmerz rasch aus seinem Bewusstsein. Er hatte vor langer Zeit gelernt, sich von körperlichem Unbehagen zu lösen.
Er hörte Cortanas Ansage. Die Allianz war auf dem Weg. Gut. Er suchte den Raum nach Waffen ab, fand jedoch keine. Die fehlenden Waffen bereiteten ihm jedoch keine Sorgen. Er hatte Gegnern schon früher ihre Waffen abgenommen.
Das Intercom meldete sich erneut: "Brücke an Kryo Zwei, hier spricht Captain Keyes. Schicken Sie den Master Sergeant sofort auf die Brücke."
Einer der Techniker wollte widersprechen und wies darauf hin, dass weitere Tests notwendig seien, aber Captain Keyes unterbrach ihn. "Sofort, Soldat!" Und der Techniker gab die einzige Antwort, die er geben konnte: "Aye, Sir!"
Dann drehte er sich um und sah den Master Sergeant an. "Wir werden uns später um Waffen kümmern."
Der Spartaner nickte und wollte gerade zur Tür gehen, als eine Explosion durch den Kryoraum dröhnte.
Die ersten Schüsse schlugen in die Tür des Beobachtungsraumes. Der Lärm ließ Sam aufspringen. Mit klopfendem Herzen aktivierte er die Notverriegelung. Krachend fuhr eine schwere Metallplatte aus und begann rot zu glühen, als sich die Energiewaffen der Allianz hindurchfraßen.
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"Sie versuchen, durch das Schott zu kommen!", schrie er, bevor er in den Raum hinunterblickte und Thoms entsetzte Miene sah. Im verspiegelten Sichtschirm des Spartaners sah er sein eigenes überraschtes Gesicht.
Sam machte einen Sprung zur Seite und aktivierte den Alarm. Im gleichen Moment explodierte die Sicherheitstür in einem Regen aus Feuer und geschmolzenem Stahl.
Er hörte das Jaulen eines Plasmagewehrs und spürte, wie etwas in seine Brust einschlug. Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen, und er tastete nach der Wunde. Seine Hände waren voller Blut. Es tut nicht weh, dachte er. Es sollte doch weh tun, oder?
Er fühlte sich orientierungslos und verwirrt. Er erahnte die Bewegungen gepanzerter Gestalten, die in den Beobachtungsraum stürmten und ignorierte sie, konzentrierte sich stattdessen auf das Bild seiner Frau, das mit seinem Blut besudelt irgendwie auf dem Boden gelandet war. Er fiel auf die Knie und tastete nach dem Foto. Seine Hände zitterten.
Sein Gesichtsfeld verengte sich, als er sich nach dem Foto ausstreckte. Es lag nur wenige Zentimeter entfernt, aber es schien kilometerweit weg zu sein. Er war noch nie so müde gewesen.
Der Name seiner Frau hallte durch seine Gedanken.
Sams Finger berührten gerade den Rand des Fotos, als ein gepanzerter Stiefel seinen Arm zu Boden drückte. Lange Klauen hoben das Bild vom Boden auf.
Sam fluchte schwach und sah mühsam zu seinem Angreifer empor. Der Außerirdische - einer der Elite - betrachtete das Bild mit schräg gelegtem Kopf. Dann sah er nach unten, als hätte er Sam vorher nicht bemerkt. Der Mann griff nach dem Bild. Weit entfernt hörte er Thom schreien. "Sam!"
Der Elitekämpfer richtete sein Plasmagewehr auf Sams Kopf und drückte ab.
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